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Montag, 7. November 2011

Parodontitis (Parodontose)

 
Parodontose
Auch wenn der Begriff Parodontose weit verbreitet ist, handelt es sich dabei immer – fachlich korrekt ausgedrückt – um eine entzündliche Parodontitis.
  
Ursachen
Die Parodontitis wird durch bakterielle Plaque (Zahnbelag) ausgelöst, einem zäh anhaftenden Biofilm. Hauptunterscheidungsmerkmal ist der bei der Parodontitis vorhandene, röntgenologisch nachweisbare Knochenabbau, während die vertieften Zahnfleischtaschen bei der Gingivitis durch die entzündliche Schwellung der Gingiva zustande kommen. Eine langandauernde Gingivitis (Zahnfleischentzündung) kann auf den Kieferknochen, die Wurzelhaut und das Zement übergreifen. Der Übergang ist jedoch nicht zwangsläufig, gerade bei Kindern und Jugendlichen kann eine Gingivitis über Monate und Jahre bestehen, ohne auf andere Strukturen überzugreifen. Die genauen Mechanismen sind noch nicht vollständig geklärt. Sowohl bei der Gingivitis als auch bei der Parodontitis werden aus dem Biofilm bakterielle Stoffwechsel- und Zerfallsprodukte freigesetzt, die Abwehrreaktionen des Körpers auslösen. Die Hauptrolle bei der Gewebszerstörung selbst spielt das eigene Immunsystem, das versucht, die Bakterien zu beseitigen. Diese Immunantwort besteht aus einer vielfältigen Abfolge von Reaktionen und Aktionen, bei der verschiedene Entzündungsstoffe und –zellen beteiligt sind. Unter anderem werden Enzyme gebildet, die die Bakterien zerstören sollen, jedoch auch zu einer Zerstörung von Eigengewebe führen. Das führt letztlich zum Verlust von Bindegewebe und Knochen. Das Ergebnis der Reaktion auf die Bakterien sind Zahnfleischbluten, Taschenbildung, Zurückgehen des Zahnfleischs und schließlich Lockerung und Verlust der Zähne.
 
Von den etwa 500 verschiedenen Bakterienspezies, die in der Mundhöhle vorkommen können, sind nur wenige krankheitserregend im Sinne einer Parodontitis. Diese werden auch als Hauptleitkeime bezeichnet und bilden sogenannte Cluster (Haufen), welche in ihrer Vergesellschaftung spezifisch sind.
 
Risikofaktoren
Obwohl das Immunsystem und die Anwesenheit bestimmter Bakterien die Hauptrolle bei der Entstehung einer Parodontitis spielen, gibt es einige Risikofaktoren, die die parodontale Gesundheit beeinflussen:
  • Schlechte oder falsche Mundhygiene mit Zahnbelag (Plaque) und Zahnstein
  • Genetische Prädisposition: In letzter Zeit wurde durch verschiedene Fall-Studien, aber auch in transversalen bevölkerungsrepräsentativen Studien der bis dato noch unbekannte große Einfluss genetischer Prädisposition für das Krankheitsbild der Parodontitis erwiesen.
  • Tabakkonsum: Raucher haben verglichen mit Nichtrauchern ein vier- bis sechsfach erhöhtes Risiko, eine Parodontitis zu entwickeln.
  • Diabetes mellitus (insbesondere wenn der Blutzuckerspiegel schlecht eingestellt ist). Dieser Aspekt des Diabetes mellitus ist schon seit längerem bekannt und in verschiedenen Studien belegt worden.
  • Lebenspartner mit bestehender Parodontitis: Eine Ansteckung ist auch von Mutter zu Kind möglich.
  • Schwangerschaft. Durch Hormonumstellung lockert das Bindegewebe auf, das Zahnfleisch schwillt an und Bakterien können leichter in die Tiefe vordringen.
  • Offene Zahnkaries
  • Mundatmung
  • Bruxismus (zumeist stressbedingtes Zähneknirschen)
  • Allgemeine Abwehrschwäche, insbesondere „immun-supprimierte“ Individuen (während oder nach Chemo-Therapie, Transplantations-Patienten, HIV-Erkrankte, etc.)
  • Unausgewogene Ernährung. Früher spielte Vitaminmangel eine große Rolle (Skorbut).
  • Ungünstig lokalisierte Piercings im Mundraum (Lippe, Lippenbändchen, Zunge
  • Gefäßerkrankungen
Es existieren zahlreiche Studien, welche einen Zusammenhang zwischen periodontalen Erkrankungen (z.B. Parodontitis, Zahnfleischentzündung) und Gefäßerkrankungen (v.a. Arteriosklerose) nachweisen konnten. Ein Nachweis, ob dieser Zusammenhang kausal oder zufällig ist, existiert allerdings noch nicht.
 
Diabetes
Es gibt mehrere Studien, die zeigen, dass Diabetiker – vor allem diejenigen mit schlecht eingestellten Blutzuckerwerten – ein höheres Risiko für die Entstehung einer Parodontalerkrankung haben. Ein Mangel an Insulin, also ein erhöhter Blutzucker-Wert kann Ablagerungen an den kleinen Gefäßen (Kapillaren) zur Folge haben und diese in ihrer Funktion beeinträchtigen: die Durchblutung lässt nach. Diese so genannten Mikroangiopathien wirken sich auf die Sauer- und Nährstoffversorgung des gesamten Gewebes aus, also auch auf das Zahnfleisch. Meistens verläuft bei diesen Patienten die Erkrankung in schwererer Ausprägung als bei Nicht-Diabetikern. Besonders gefährdet sind Diabetiker, die älter als 40 sind, denn die Schwere der Parodontitis nimmt mit der Dauer der Diabetes zu. Zudem kann eine Infektion des Zahnhalteapparates, wie alle Infektionen, zu Schwierigkeiten bei der Kontrolle des Blutzuckerspiegels führen und damit die Einstellung der Blutzuckerwerte erschweren.
 
Schwangerschaft
Seit Anfang der 90er Jahre weiß die zahnmedizinische Forschung um den Zusammenhang zwischen Zahnfleischerkrankungen (Parodontal-Erkrankung) und dem erhöhten Risiko von Frühgeburten bzw. Neugeborenen mit unterdurchschnittlichem Geburtsgewicht. Einige Studien belegen, dass das Risiko einer Frühgeburt oder eines untergewichtigen Neugeborenen bei Frauen mit einer Parodontitis fast achtmal höher als bei Frauen mit gesunden Zähnen und Zahnfleisch ist.

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