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Montag, 12. September 2011

Schmerzhaft aber harmlos: Aphten in der Mundhöhle


Aphthen sind meist nur so klein wie ein Stecknadelkopf, aber eine große Beeinträchtigung: «Einmal hatte ich sechs auf einmal, komplett über den Mund verteilt», erzählt der 16-jährige Schüler Martin Wagner*. «Dann kann man fast gar nicht mehr essen oder Zähne putzen.» Die schmerzenden Stellen heilen innerhalb von wenigen Tagen komplikationslos wieder ab, manchmal dauert es auch bis zu zwei Wochen.
Das Internet offenbart tausende Tipps gegen Aphthen, und jeder Betroffene hat für sich einen Trick ausgetüftelt, wie er die Plagegeister angeblich besonders schnell wieder loswird.
Tatsache ist: «Aphthen lassen sich nicht ursächlich behandeln, da ihre Ursache unklar ist», sagt Wolfgang Bengel, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde (DGZMK) in Düsseldorf und Experte für Mundschleimhauterkrankungen. Nach heutigem Wissensstand seien entgegen der oft verbreiteten Meinung keine Viren oder Bakterien dafür verantwortlich - Aphthen sind nicht ansteckend.
«Bei Aphthen handelt sich um eine überschießende Immunreaktion. Dadurch stirbt Gewebe ab, und die Schleimhaut darüber wird nicht mehr durchblutet», erläutert Prof. Jürgen Becker, Direktor der Poliklinik für zahnärztliche Chirurgie am Universitätsklinikum Düsseldorf. Er vergleicht es mit einem Sonnenbrand, bei dem sich die Haut schuppt und ebenfalls weiß wird. Im Prinzip entstehen dadurch Löcher in der Mundschleimhaut, und Nervenenden liegen frei - deshalb sind Aphthen so schmerzhaft.
Früher empfahl man als Therapie das Aufträufeln von Silbernitratlösung. Bengel rät davon ab: «Das verätzt lediglich Nervenendigungen.» Oft werde es dadurch sogar schlimmer. Einige Zahnärzte tragen die Aphthen mit einem Laser ab. Viele Patienten wiederum schwören auf das regelmäßige Ausspülen der Mundhöhle mit Speiseöl, mit Kamillenextrakt oder antibakteriellen Mundspüllösungen. «Es gibt aber bisher keine Studien, die belegen, dass all diese Methoden tatsächlich einen Einfluss haben», sagt Bengel. Außerdem: «Richtige Aphthenpatienten können spülen, womit sie wollen - sie erfahren keine Linderung.»
Denn neben den üblichen kleinen, hin und wieder auftretenden Aphthen gibt es auch drastische Fälle, erläutert Becker. Dazu gehören immer wiederkehrende Aphthen, bei denen der Patient nur selten schmerzfrei ist, sowie sogenannte Majoraphthen: Aphthen von bis zu einem Zentimeter Ausmaß. Becker empfiehlt, sich in solchen Fällen in jedem Fall an einen Zahnarzt zu wenden: «Wenn man öfters mit Aphthen konfrontiert ist, sollte man sich eine Kortisonsalbe verschreiben lassen und diese frühzeitig auf die Aphthe auftragen», rät er. Kortison schwächt die entzündliche Reaktion ab und ist auch laut Bengel die «einzige seriöse Therapie bei Aphthen.»
Kortison hat allerdings einen schlechten Ruf - sowohl Becker und Bengel versichern aber, dass bei einer örtlich und zeitlich begrenzten Anwendung im Normalfall keine Nebenwirkungen zu erwarten sind. Nur sehr selten - in wirklich schlimmen Fällen - greifen Zahnärzte als letztes Mittel zu Kortisontabletten.
Becker empfiehlt außerdem teure Spezialzahnpasten gegen Aphthen, die es in der Apotheke oder im Internet zu kaufen gibt. Diese enthalten keine schäumenden Stoffe und sollen dadurch die Schleimhaut schonen. Auch Martin Wagner hat diese Zahncreme ausprobiert und glaubt, dass er damit weniger Aphthen bekommt. Aber Bengel warnt: «Keine Studie hat bisher beweisen können, dass solche Zahnpasten tatsächlich Aphthen vorbeugen.» Und er fügt hinzu: «Es wäre ein Segen, wenn es so ein vorbeugendes Mittel gäbe.»
Die Hautärzte Andreas Altenburg und Prof. Christos Zouboulis vom Städtischen Klinikum Dessau schreiben im Fachmagazin «Skin Therapy Letter», dass bestimmte Lebensmittel den Ausbruch neuer Aphthen auslösen können und das Abheilen bestehender Aphthen erschweren. Zu den Verdächtigen zählen sie harte, saure, salzige oder stark gewürzte Speisen sowie Schokolade und Alkoholika. Jeder muss allerdings selbst herausfinden, ob es bei ihm einen Zusammenhang gibt - und die entsprechenden Nahrungsmittel dann meiden.
Zwar weiß bisher niemand, woher Aphthen kommen und wie man ihnen sicher vorbeugt. Aber wer öfters an Aphthen leidet, kann dennoch beruhigt sein: «Aphthen stellen kein Indiz für eine schwerwiegende Erkrankung dar», sagt Becker. «Sie sind einfach schlicht und ergreifend häufig und unangenehm.»

Quelle: dpa

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