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Sonntag, 18. Dezember 2011

Beitrag 105 aus der FRENKENKLINIK: Platzmangel



Die meisten Fehlstellungen in der Kieferorthopädie sind durch Platzmangel im Kiefer bedingt. Befinden sich Zähne in abwegiger Position, weil sie keinen Platz in der Zahnreihe finden, spricht man von einem Engstand. In der Kieferorthopädie werden die Engstände grob in drei Gruppen unterteilt:

Primärer Engstand
Der Primäre Engstand besteht, wenn die Zähne schon von ihrer Anatomie her zu breit für den Kiefer sind. Der Behandler spricht dann von einem "Missverhältnis zwischen Zahn- und Kiefergrösse". Die Gründe für einen primären Engstand liegen in der Erbsubstanz: Häufig hat ein Patient z.B. die Zahnbreite vom Vater, die Kieferbreite jedoch von der Mutter geerbt. Als Folge können die Zähne nicht genug Platz haben, um in einer harmonischen Zahnreihe im Kiefer zu stehen. Häufig ist eine Extraktionstherapie notwendig, um Platz für die Zähne zu schaffen.

Sekundärer Engstand
Diese Art des Engstandes kommt dann vor, wenn Seitenzähne des Milchgebisses nicht vorhanden sind oder früh durch Karies verloren gehen. Die Milchmolaren dienen den bleibenden Zähnen als Platzhalter und sorgen dafür, dass der hinter ihnen durchbrechende erste bleibende Molar nicht nach vorne wandert. Gehen diese Platzhalter verloren - sei es durch Karies oder Unfall (Trauma) - kommt es zur Drift des Molaren nach "vorne" (sog. "Mesialdrift"), wobei er den Platz für die noch nicht durchgebrochenen kleinen Backenzähne (die Prämolaren) einengt. Diese brechen dann entweder gar nicht oder in abwegiger Lage durch. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Milchmolaren bei Karies mit Füllungen zu versorgen, damit es nicht zu diesem sog. "Stützzoneneinbruch" kommt. Sollte dennoch einer der Milchmolaren verloren gehen, kann der Kieferorthopäde einen Lückenhalter einsetzen, der den Platz bis zum Durchbruch der bleibenden Zähne freihält.

Tertiärer Engstand
Der tertiäre - oder adoleszente Engstand kommt bei Erwachsenen vor. Die meisten Patienten "trifft" es zwischen dem 20. und 28. Lebensjahr. Im Gegensatz zu den beiden vorigen Fällen hat er jedoch verschiedene Gründe, die in der Kieferorthopädie zum Teil heftig diskutiert werden. Momentan geht man davon aus, dass es auch nach dem Abschluss des Kieferwachstums zu einem geringen Restwachstum des Unterkiefers kommen kann. Als Folge dessen kommt es zu einem Steilstand der Frontzähne im Unterkiefer mit Platzmangel. Auch die durchbrechenden Weisheitszähne werden als Grund für den tertiären Engstand diskutiert, da auch sie beim Durchbrechen theoretisch einen Druck auf die Restzähne ausüben könne, wodurch ein Platzmangel entstehen kann.
Entgegen mancher Aussagen handelt es sich beim tertiären Engstand jedoch nicht um einen Rückfall nach erfolgter kieferorthopädischer Behandlung! Vielmehr ist er als eigenständige, erneute Fehlstellung zu sehen. Behandelt werden muss dieser Engstand erst bei stärkerer Ausprägung.

Extraktionstherapie
Platzmangel ist ein häufiger Grund für eng- oder schiefstehende Zähne. Ist der Platzmangel dadurch hervorgerufen, daß der Kiefer für die Zähne zu klein ist, kann der Kieferorthopäde oft nur dann zu einem guten Ergebnis kommen, wenn bleibende Zähne gezogen werden. In der Regel werden die vier 1. Prämolaren entfernt, der hierdurch entstandene Platz kann dann für die Auflösung des Engstandes genutzt werden. Zum Schließen der Lücken kommen zumeist Gummizüge zum Einsatz.

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