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Donnerstag, 2. Februar 2012

Beitrag 149 aus der FRENKENKLINIK: Warum uns bei Kälte die Zähne klappern

Für Sie gelesen:
Es gibt Situationen, da reagiert unser Körper mit unbewussten, automatisierten Bewegungsabläufen. Wut kann ein Auslöser sein, genauso wie Müdigkeit und Stress. Aber warum ist das so, was passiert dabei im menschlichen Körper und wofür ist ein Kälteschauer eigentlich gut?



Ein Hund ist der natürliche Feind des Postboten. Deshalb ergreift diesen schon mal ein Schauer oder sogar Zittern, wenn ein Bellen ertönt. Ein Reflex – denn das Zittern ist ein Schutzmechanismus des Körpers. Allerdings dient es meistens dazu, den Organismus bei Kälte vor Auskühlung zu schützen.

Wenn uns kalt wird oder wenn wir Angst haben, gibt unser Körper Warnsignale: Die Hautfarbe verändert sich, wir zittern und unsere Zähnen schlagen klappernd aufeinander.

Wird uns kalt, so kommt eine ganze Palette von Schutzfunktionen zum Einsatz: Zunächst werden kleine Haarmuskeln zusammengezogen. Die so entstehende Gänsehaut hatte in der Zeit, als unsere Vorfahren noch pelzig waren, die Funktion, die Haare aufzurichten und so ein isolierendes Luftpolster rund um den Körper zu bilden. Reicht dies nicht aus, ziehen sich auch die Muskeln der arteriellen Hautgefäße zusammen. So wird die Haut weniger durchblutet – der Wärmeverlust wird reduziert. Innere Organe werden so stärker durchblutet und die Kerntemperatur des Körpers bleibt konstant. Bleibt all dies erfolglos, spannen sich die Muskeln unter der Haut an. Diese Bewegung erzeugt Wärme – und ab einem bestimmten Grad der Anspannung beginnen die Muskeln zu zittern.

Wenn alle diese Maßnahmen erfolglos bleiben, versucht sich der Körper durch stärkere Kontraktion der Muskeln wieder aufzuheizen. Zittern ist also die Zusatzheizung des Körpers. Das erklärt auch das Klappergeräusch der Zähne. Werden die Kiefermuskeln aktiviert, um Wärme zu produzieren, schlagen beim Zittern die oberen und unteren Zähne aufeinander.

Auch vor Anstrengung können wir zittern, etwa wenn ein schwerer Gegenstand mit angespanntem Arm getragen wird. Dieses Zittern wird als physiologischer Tremor bezeichnet. Es entsteht dadurch, dass die Muskelfasern bei Anspannung ständig in unterschiedlicher Frequenz vibrieren. „Diese Vibrationen werden über die Sehnen an die Knochen weitergeleitet und führen zu rhythmischen Längenveränderungen der Muskeln“, erklärt Professor Peter Tass vom Institut für Neurowissenschaften und Biophysik des Forschungszentrums Jülich. Unter bestimmten Bedingungen nimmt dieses natürliche Zittern zu, etwa bei Müdigkeit oder nach dem Konsum koffeinhaltiger Getränke. „Auch Anspannung, Aufregung, Angst oder Wut können zu einer Zunahme des physiologischen Tremors führen“, sagt Tass.

Wird der Organismus etwa durch eine drohende Gefahr in einen Alarmzustand versetzt, führt dies dazu, dass das vegetative, also unbewusste Nervensystem aktiviert wird. Die Hormone Adrenalin und Noradrenalin werden ausgeschüttet und sorgen dafür, dass die Herzfrequenz steigt. Dies wiederum sorgt für eine erhöhte Sauerstoff- und Nährstoffzufuhr an die Muskeln, die so auf eine mögliche Flucht oder einen Kampf vorbereitet werden. Bei großer Angst oder Erregung führt dies dazu, dass die Muskeln so heftig angespannt werden, dass sie zu zittern beginnen. Dieses Zittern hat zugleich dieselbe Funktion wie das Aufwärmen vor dem Sport: Die Muskeln werden vorgewärmt, sodass die Muskelfasern der erwarteten bevorstehenden Belastung standhalten. Sie werden so dehnbarer, was die Gefahr eines Muskelfaserrisses bei der Flucht minimiert.

Zittern kann auch medizinische Ursachen haben. So lösen etwa Krankheiten wie Parkinson ein unkontrolliertes Muskelzittern aus. Auch bei steigendem Fieber zittern wir. Obwohl uns eigentlich nicht kalt ist, bekommen wir heftigen Schüttelfrost. Der Grund: Der Körper versucht innerhalb kürzester Zeit seine Temperatur zu erhöhen – und Muskelzittern ist die effektivste Methode dafür. Außerdem können Entzugserscheinungen bei Drogen- oder Alkoholabhängigen zu Zittern führen. Hier ist der Auslöser, dass durch den Entzug die empfindliche Temperaturwahrnehmung des Körpers gestört ist. So nimmt der Organismus Kälte wahr, wo keine ist – und bekämpft sie durch Zittern.
(welt.de)

Ihr FRENKENKLINIK Team

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